Definition
Byzantinische Sigillographie ist ein Teilgebiet der Byzantinistik. Sie beschäftigt sich mit den Siegeln, die in Museen oder durch private Sammler zusammengetragen wurden. Siegel als historische Quellen enthalten Angaben zu Titeln, Ämtern, Funktionen, Vor-, Familien- und Ortsnamen. Da Siegel in größeren Mengen gefunden werden als schriftliche Quellen, ist ihre Wichtigkeit für die Forschung leicht einzusehen. Die Sigillographie bemüht sich deshalb, Datierung, Phänomenologie und historische Einordnung der Siegel immer weiter zu verfeinern.
Geschichte
Der erste Sigillograph war Gustave Schlumberger, ein französischer Forscher. Er veröffentlichte 1884 die mittlerweile klassisch zu nennende "Sigillographie de l'empire Byzantin". Die ist heute zwar veraltet und vergriffen (Download unter "Literatur/Publications/Links"), wird aber noch häufig zitiert und hält immer noch manche Überraschung bereit. In vielen weiteren Publikationen beschäftigte er sich mit Siegeln und Münzen.
Vitalien Laurent, ein weiterer französischer Gelehrter, setzte neue Maßstäbe, indem er die Editionen stärker systematisierte. Er schuf zwei Corpuswerke, die bis heute relevant sind: Bd. V.1-3, Le corpus des sceaux de l'empire Byzantin: L'eglise (1972) und Bd. II, L'administration centrale (1983). Auch er veröffentlichte viele andere Bücher und Sammlungen, in denen er bearbeitete Siegel vorstellt. N.P.Lichacev wirkte Anfang des 20.Jahrhunderts als Sammler und Forscher und ist der erste große russische Sigillograph.
Ausgehend von diesen Werken begannen nach und nach andere wie F.Dölger, H.Hunger, N.Oikonomides, W.Seibt, J.-C.Cheynet, I.Jordanov, C.Sode u.a.m., Artikel und Sammlungen zu publizieren. Mittlerweile sind etliche Siegeleditionen erschienen.
Sammlungen
Dumbarton Oaks (Washington D.C., 17000 Stück) veröffentlicht die eigene Sammlung nach und nach (DOSeals, Bd.1-6 bisher erschienen) und hat auch einen Onlinekatalog im Internet eingestellt (s."Literatur/Publications/Links"). In der Eremitage lagern weitere 13000 Siegel, die erst allmählich bearbeitet werden (Eremitage I). Die deutschen (Berlin I,II, Zarnitz) und österreichischen Sammlungen wurden erschlossen (Österreich I, II), ebenso französische (Seyrig) und bulgarische (Bulgaria 1-3). Die Sammlung des privaten Sammlers G.Zacos umfasste ca. 7000 Stücke (Zacos I, II). Es gibt weitere, 500-1000 Stück große, private Sammlungen, die ebenfalls nach und nach publiziert werden (Koph.). Daneben gibt es wohl viele kleinere Bestände an Bleisiegeln bei privaten Sammlern.
Literatur
Neben zahlreichen Katalogen von Sammlungen gibt es eine Zeitschrift, die Fachaufsätze zum Thema gesammelt veröffentlicht. Die "Studies in Byzantine sigillography" ist recht teuer und erscheint alle 1-2 Jahre. Sie bietet aber neben Aufsätzen in verschiedenen Sprachen auch in Kurzform alle inzwischen anderswo veröffentlichten Siegel. Eine umfangreichere Literaturliste findet sich im Blog unter "Literatur/Publications/Links".
Da immer wieder Siegel gefunden werden und noch etliche tausend unbearbeitet in Museen liegen, sind noch etliche neu erscheinende Kataloge zu erwarten. Es gibt aber kein zusammengefasstes Register aller Siegeleditionen. Deshalb müssen leider bei der Suche nach Parallelstücken alle Bücher einzeln herangezogen werden. Ersatzweise zu einem Gesamtregister können die erschienenen Prosopographien (s.Literatur/Publications/Links) verwendet werden. Hier sind zumindest die bei Redaktionsschluß der Herausgeber bekannten Siegel eingearbeitet. Um diese Prosopographien nutzen zu können, muss man sie allerdings kaufen. Sie sind sehr teuer, evtl. hilft aber die angekündigte Datenbank der PmbZ (s. auch Literatur/Publications/Links).
Die Kataloge selbst beinhalten meist spezielle Sammlungen (z.B. Vatican von V.Laurent), sind nach Titeln und Ämtern geordnet (z.B. Österreich I-II von W.Seibt) oder folgen einer Ausstellung (z.B. Zarnitz von W.Seibt und M.L.Zarnitz). Sie werden nach geographischen Gesichtspunkten präsentiert (Provinzen, DOSeals 1-5, von N.Oikonomides, J.W.Nesbitt). Auch Kooperationen zwischen Wissenschaftlern und Sammlern helfen sehr, das Siegelmaterial zu erschliessen (z.B. Zacos I-II, von G.Zacos und A.Veglery).
Perspektive als Sammler byzantinischer Bleisiegel
Einführende Literatur ist rar gesät. Bei einigen Siegeleditionen sind einführende Kapitel vorangestellt (s.Literaturliste unter "Literatur/Publications/Links"). Neben meinem kleinen Buch "Byzantinische Siegelkunde -Einführung in die Sigillographie von Byzanz" (s. unter "Bücher/Books") gibt es leider keine reine, deutschsprachige Einführungschrift. Mein Buch ist nicht umfassend als Handbuch angelegt, sondern als gut lesbare, schnell informierende Monographie. Nach der Lektüre kann dann eine selbstgewählte Vertiefung erfolgen.
Der private Sammler von byzantinischen Münzen, der auch einige Bleisiegel besitzt, musste sich deshalb früher alleine einarbeiten. Daher hoffe ich, mit meinem Buch den Zugang zum Thema zumindest erleichtert zu haben. Oft lohnt es sich nämlich nicht, die teuren Siegeleditionen zu erwerben. Diese Editionen sind zwar systematisch aufgebaut und schön anzusehen, aber in keiner Weise mit ähnlichen Publikationen zu byzantinischen Münzen zu vergleichen.
Da es keine Prägestätten, Emissionen etc. bei Bleisiegeln gibt, verliert sich der Sammler in einer Vielzahl meist sehr heterogener Siegel. Er könnte sich verärgert abwenden, da ihn die Siegel u.U. mit fehlenden Sprachkenntnissen konfrontieren. Ihm bleibt nichts anderes übrig, seine Siegel wieder zu verkaufen, sie in seiner Sammlung enttäuscht liegen zu lassen oder sich auf die Angaben der Auktionshäuser zu verlassen, wo er die Siegel komplett (manchmal aber auch falsch) beschrieben teuer erwerben kann.
Der Blog
Um diese kleineren Bestände privater Sammler für die Forschung zugänglich zu machen, dient dieser Blog. In meinem "Bestimmungsservice" hoffe ich, denjenigen helfen zu können, die ihre Siegel nicht ausreichend lesen können. Zugleich soll mit der Erweiterung fachlicher Kenntnisse der Spaß am Sammeln erhöht und nicht verdorben werden. Der Austausch im Blog soll auch zur Publikation einer allgemein zugänglichen Siegeldokumentation der hier gelesenen und diskutierten Siegel in PDF-Form führen. Insgesamt wünsche ich mir, dass gerade die Freude und Faszination am Sammeln byzantinischer Bleisiegel sich mit dem forscherischen Interesse des Einzelnen besser verbinden lassen soll. Natürlich sind auch versierte Sigillographen hier willkommen.
Definition
Byzantine sigillography is a part of Byzantine studies. It is dealing with seals collected by museum or private collectors. Seals as historical sources bear titles, functions, pre-, family and geographical names. For seals are found in larger quantities as written sources their importance for research is obvious. Sigillography tries to improve dating, describing phaenomenology and historical research of the seals.
History of Byzantine sigillography
Gustave Schlumberger, a French scholar, was the first sigillographer. In 1884 he published the now called classical "Sigillographie de l'empire Byzantin". Nowadays this book is antique and sold out. You can find it here for download in "Literatur/Publications/Links". But since now it is quoted and still contains some surprises.
Vitalien Laurent, another French scholar, developed new systematics in seal editing. He wrote two Corpus works: Vol. V.1-3, Le corpus des sceaux de l'empire Byzantin: L'eglise (1972) und Vol.II, L'administartion centrale (1983). He also published different other books and seal collections he worked on. N.P.Lichacev is the first great Russian sigillographer and collected and researched at the beginning of the 20. century.
Following this works other Byzantinists began to publish collections, editions, articles on the subject: F.Dölger, H.Hunger, N.Oikonomides, W.Seibt, J.-C.Cheynet, I.Jordanov, C.Sode and many others. By now a lot of seal editons have been published.
Collections
Dumbarton Oaks (Washington D.C., 17000 seals) publishs its own collection (DOSeals, actually Vol.1-6) and improves an online catalogue for public research (s."Literatur/Publications/Links"). The Eremitage holds about 13000 other seals researched slowly (s.Eremitage I). The German (Berlin I, II, Zarnitz) and Austrian (Österreich I, II) seal collections were worked out, also the French (Seyrig) and the Bulgarian (Bulgaria 1-3). The private collection of G.Zacos (Zacos I, II) contains 7000 seals. Other private collections containing about 500-1000 seals also are published time after time (i.e. Koph.). There exist a lot of smaller seal numbers held by other collectors.
Publications
Besides a number of seal catalogues a journal contains scholar's articles on the subject. "Studies in Byzantine Sigillography" is quite expensive and published every 1-2 years. Articles are written in different languages and include a rough overview on other seals actually published in other books and journals. A more complete list of publications is given in the blog: "Literatur/Publications/Links".
Because new seals are frequently found and other thousands still exist unresearched in the museum a lot of more seal editions will be published in the future. But there is no central index of all seal editions. Unfortunately every single book must be researched to find parallel seals. Instead a general register to research seals the published prosopographies (s.Literatur/Publications/Links) might be useful. Here at least the already known seals are included. To use these prosopographies you have to buy them, but they are very expensive. Perhaps the announced online database of PmbZ may help (s.Literatur/Publications/Links).
The single catalogues contain special collections (i.e. Vatican of V.Laurent). They are ordered by titles and functions (i.e. Österreich I, II) or follow an exhibition (i.e. Zarnitz of W.Seibt and M.L.Zanrintz). Also geographical order is given (i.e. DODeals 1-5 of N.Oikonomides and J.W.Nesbitt). Collectors and scholars cooperating make a real effort in researching the material (i.e. Zacos II by G.Zacos and A.Veglery).
Besides a number of seal catalogues a journal contains scholar's articles on the subject. "Studies in Byzantine Sigillography" is quite expensive and published every 1-2 years. Articles are written in different languages and include a rough overview on other seals actually published in other books and journals. A more complete list of publications is given in the blog: "Literatur/Publications/Links".
Because new seals are frequently found and other thousands still exist unresearched in the museum a lot of more seal editions will be published in the future. But there is no central index of all seal editions. Unfortunately every single book must be researched to find parallel seals. Instead a general register to research seals the published prosopographies (s.Literatur/Publications/Links) might be useful. Here at least the already known seals are included. To use these prosopographies you have to buy them, but they are very expensive. Perhaps the announced online database of PmbZ may help (s.Literatur/Publications/Links).
The single catalogues contain special collections (i.e. Vatican of V.Laurent). They are ordered by titles and functions (i.e. Österreich I, II) or follow an exhibition (i.e. Zarnitz of W.Seibt and M.L.Zanrintz). Also geographical order is given (i.e. DODeals 1-5 of N.Oikonomides and J.W.Nesbitt). Collectors and scholars cooperating make a real effort in researching the material (i.e. Zacos II by G.Zacos and A.Veglery).
Perspectives as a collector of Byzantine lead seals
Publications introducing in the subject are rare. Some seal editions start with small introducing chapters (s. publications on Byzantine sigillography in "Literatur/Publications/Links". Besides my own book "Byzantinische Siegelkunde -Einführung in die Sigillographie von Byzanz" (s. in "Bücher/Books") written in German language there is no other monography. After reading the book with its brief informations it is possible to deepen the knowledge by your own.
Publications introducing in the subject are rare. Some seal editions start with small introducing chapters (s. publications on Byzantine sigillography in "Literatur/Publications/Links". Besides my own book "Byzantinische Siegelkunde -Einführung in die Sigillographie von Byzanz" (s. in "Bücher/Books") written in German language there is no other monography. After reading the book with its brief informations it is possible to deepen the knowledge by your own.
The private collector of Byzantine coins who also possesses some lead seals has to make his own research without an introduction. Often it is not useful to buy the expensive seal editions. Although they are written systematically they don't allow to make a quick research than coin editions do.
There are no mints, emissions, print marks on lead seals. The collector is faced with plenty of heterogeneous seals. He might be angry confrontated with his less knowledge in Greek language. He has to sell his seals or to let them stay unresearched in his collection. If he buys his seals dealing with auction houses he has to believe the informations given there. But this may cost more money and descritptions often are wrong or incomplete.
The blog
This blog wants to make this smaller number of seals of private collectors visible for research. By my "service to read seals" I hope to help collectors who can't read their seals completly. At the same time the joy to collect should increase with the knowledge on the seals. Communication in the blog shall lead to a publication of all worked out seals here as PDF. Generally I wish to combine fascination in collecting Byzantine lead seals with the research competences of the single users. Of course also more experienced sigillographers are welcome here.